Furocumarine und Sonne – eine toxische Kombination

Furocumarine sind eine Gruppe von natürlich vorkommenden sekundären Pflanzeninhaltsstoffen, die von Pflanzen zur Abwehr von Fraßfeinden gebildet werden.

Gerade in den Frühlingsmonaten können wir häufiger mit ihnen in Kontakt kommen, da sie in verschiedenen Feld- und Wiesenpflanzen, wie dem Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) oder der gewöhnlichen Schafgarbe (Achillea millefolium) vorkommen. Furocumarine sind aber auch in vielen Früchten und Gemüsen, wie Grapefruit, Pastinake und Sellerie enthalten. Die geschätzte durchschnittliche menschliche Exposition über die Nahrung liegt in Deutschland bei 0,56 mg/Tag. Furocumarine besitzen eine vergleichsweise hohe akute Toxizität.

Trotzdem ist die Gefahr, dass wir uns an Furocumarinen durch die Nahrung vergiften, klein, da die Gehalte in den Lebensmitteln niedrig sind.

Zu einer vermehrten Entstehung von Furocumarinen kommt es während der Lagerung oder bei Verletzung des Gemüses. Dies kann zu einem Risiko für Kleinkinder werden, wenn sie z. B. mit hochbelastetem Pastinakenbrei gefüttert werden, wovor die DFG-Senatskommission zur gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln (SKLM) in einer Stellungnahme warnt. Symptome einer akuten Furocumarinvergiftung sind gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall. Darüber hinaus können neurologische Symptome wie Schwindel, Kopfschmerzen und Verwirrung auftreten.

Weit problematischer kann die Eigenschaft der Furocumarine sein, unter Einfluss von UVA-Strahlung eine photosensibilisierende / phototoxische Wirkung auf die Haut auszuüben.

Kommt man beim Spazierengehen zum Kontakt mit der Pflanze, gelangen Furocumarine auf die Haut. Unter dem Einfluss von UVA-Licht absorbieren Furocoumarine die Strahlung und werden angeregt. Dadurch entstehen reaktive Sauerstoffverbindungen, die zu Entzündungsreaktionen in der Haut führen können. Dieser Prozess wird auch als photoallergische Reaktion bezeichnet.

Die Symptome dieser so genannten Wiesendermatitis treten in Form von entzündeten, juckenden Hautausschlägen, Blasenbildung, Rötung und Schwellung auf.

Zusätzlich zur akut toxischen Wirkung der Furocumarine besitzen einige der Verbindungen, z. B. Psoralen und Methoxsalen (8-Methoxypsoralen, 8-MOP), photomutagene und photoclastogene, d. h. chromosomenschädigende Wirkung. So kann es unter Einwirkung von UVA-Strahlung zur Bildung von DNA-Addukten kommen, was zur Entstehung von Hautkrebs (insbesondere Plattenepithelkarzinomen) führen kann.

Jedoch ist wichtig hinzuzufügen, dass das Risiko abhängig von der Art der Exposition, der Dosis und der individuellen Empfindlichkeit variiert. Die meisten Fälle von Furocumarin-bedingtem Hautkrebs traten bei Menschen auf, die berufsbedingt wiederholten und langfristigen Kontakt mit Furocumarinen hatten, beispielsweise in der Landwirtschaft oder der Gartenarbeit. Ratsam ist es aber immer, nach Hautkontakt mit Furocumarin-haltigen Pflanzen die betroffenen Stellen gut zu reinigen.

Text: Ute Haßmann
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Furocumarine

Das Grundgerüst der Furocumarine besteht aus einem Cumarin mit kondensiertem Furanring. Abhängig von der Position des Furanrings unterscheidet man zwischen linearen (Psoralene) oder angularen (Angelicine oder Isopsoralene) Furocumarinen. Durch Addition verschiedener Substituenten resultiert aus diesen Grundgerüsten eine hohe Anzahl verschiedener Substanzen, von denen über 90 natürlich vorkommende Furocumarine bisher isoliert wurden. Diese werden von einer Vielzahl synthetisch hergestellter Derivate ergänzt.

Die wenigsten Pflanzen produzieren vorranging nur ein einziges Furocumarin. Meist finden sich in den Pflanzen komplexe Furocumaringemische.

Bezüglich ihrer Photoreaktivität weisen die einzelnen Furocumarinderivate große Unterschiede auf. Angulare Furocumarine sind im Allgemeinen weniger reaktiv als lineare. Aber auch die Art und Position der Substituenten trägt zur Erhöhung oder auch völligen Eliminierung der Reaktivität bei.

PUVA-Therapie

Schon seit ca. 2000 v. Chr. waren in Ägypten, Indien, der Türkei und anderen orientalischen Ländern frühe Formen der Photochemotherapie bekannt. Dabei wurde den Patienten Extrakte furocumarinhaltiger Pflanzen zur Behandlung von Hautkrankheiten wie z. B. Vitiligo dermal oder oral verabreicht und diese anschließender Sonnenlicht-Exposition ausgesetzt. Die moderne Form der PUVA-Therapie (Psoralen + UVA) existiert seit den frühen 1970ern. Dabei werden Psoralen (5-MOP, 8-MOP (Methoxypsoralen) oder Trimethylpsoralen (TMP)) als Reinsubstanzen in Kombination mit UVA-Licht in der Behandlung von cutaner Hyperproliferation (Psoriasis), Vitiligo, Ekzemen oder Frühstadien von T-Zell-Lymphomen eingesetzt. Der limitierende Faktor bei der PUVA-Therapie ist das erhöhte Hautkrebsrisiko, weshalb 8-MOP in Kombination mit UVA-Licht auch als Kanzerogen der Klasse I, 5-MOP + UVA-Licht der Klasse 2A eingestuft (IARC 1986) wurden.

Bei den in PUVA-Follow-Up-Studien verzeichneten Hauttumoren handelt es sich um Plattenepithelkarzinome, Basalzellkarzinome und Melanome, aber auch um Genitaltumore, die sowohl auf die kovalente Bindung von Furocumarinen an DNA als auch auf reaktive Sauerstoffspezies (ROS) durch die Generierung chromosomenbrechender Faktoren zurückzuführen sind.

Enzymhemmung

Einige Furocumarine, insbesondere die im Grapefruitsaft vorkommenden Furocumarine Bergamottin, 6‘,7‘-Dihydroxybergamottin, Epoxybergamottin und die Furocumarin-Dimere Paradisin A, B und C sind spezifische Inhibitoren bestimmter Cytochrom-P450-Enzyme (CYP-Enzyme). Die CYP-Enzyme sind eine Gruppe von Enzymen, die eine wichtige Rolle im Stoffwechsel von Arzneimitteln und anderen Fremdstoffen im Körper spielen. Sie sind für den Abbau vieler Medikamente zuständig und tragen zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts bei der Wirksamkeit von Medikamenten bei.

Durch die Hemmung dieser Enzyme können Furocumarine den Stoffwechsel und die Ausscheidung von Medikamenten beeinflussen. Dies kann deren Bioverfügbarkeit, Plasmaspiegel und Eliminationszeiten verändern und damit zu unerwünschten Nebenwirkungen sowie zu Über- oder Unterdosierungen führen.